Wie wir die Verantwortung in einer selbstorganisierten Organisation teilen

Von außen betrachtet wird oft angenommen, dass in einer selbstorganisierten Organisation jeder die volle Autonomie hat und alle Entscheidungen selbst trifft. Das klingt nach einem Rezept für Chaos, gegenläufige Entwicklungen und null Koordination. Glücklicherweise ist das bei Gini nicht der Fall.

Bei Gini haben wir eine Mischung aus etwa 80 Prozent Autonomie (Entscheidungen werden von Einzelpersonen und koordinierten, funktionsübergreifenden Teams getroffen) sowie einer Ausrichtung und Koordination, die von denjenigen ausgeht, die im Team ein gewisses Ansehen haben.

Jedermanns Verantwortung = Jedermanns Verantwortung

Bei Gini wollten wir nicht in die Falle des „wenn es jedermanns Verantwortung ist, ist es niemandes Verantwortung“ tappen. Anstatt Verantwortlichkeiten zuzuweisen, haben die Mitarbeiter Rollen, die mit ihrer Position übereinstimmen. Für die Außenwelt sieht das aus wie eine Stellenbeschreibung. Sobald Du jedoch in unsere Kultur eintauchst, wirst Du feststellen, dass mehrere Rollen die Verantwortlichkeiten Deiner Position ausmachen können. Das bedeutet, dass sich Deine Rollen im Laufe der Zeit ändern können und Du als inhabende Person die Möglichkeit hast, Änderungen an den Rollen vorzunehmen.

Die meisten Ginis beginnen mit zwei Rollen. Die Rolle, die mit der Position verbunden ist und für die sie eingestellt wurden, und die Gini-Rolle, die alle Mitarbeiter innehaben. Einige Ginis haben jedoch sofort mehrere Rollen, die mehrere Aufgabenbereiche abdecken. Sie können sich direkt auf das beziehen, wofür sie eingestellt wurden, wie z. B. Geschäftsentwicklung, aber auch auf ihre tieferen Fachgebiete, wie z. B. Mitglied des Innovationsteams (jemand, der sich auf Innovation konzentriert).

In meinem Fall wurde ich als agiler Coach angestellt, eine von zwei Rollen. Eigentlich ist ein größerer Teil meiner Arbeit in der Org Lead-Rolle (Lead der Faculty für Organisationsentwicklung). Dadurch, dass ich die Verantwortung für die Unterstützung agiler Praktiken von den übergeordneten organisatorischen Initiativen getrennt habe, wird sichergestellt, dass die richtigen Initiativen (Agilität und Lernen fördernde) gestartet und abgeschlossen werden, aber nicht unbedingt von mir durchgeführt werden.

Es ist entscheidend, dass jedes Mitglied in einer selbstorganisierten Kultur den eigenen Beitrag zur Entscheidungsfindung, zum Informationsfluss und zur Veränderung erkennt. Das bedeutet, dass Veränderungsinitiativen von überall in der Organisation kommen können und auch eine lenkende Hand haben, um sie im Einklang mit unserem Zweck und unseren kulturellen Werten zu halten.

Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass letztendlich jeder Gini anerkennen und sich verpflichten muss, ein Mitglied dieser selbstorganisierenden Kultur zu sein, und dass es die gemeinsame Verantwortung ist, diese Organisation zu einem großartigen Unternehmen zu machen.

Selbstorganisation erfordert geteilte Verantwortung

Viele von uns haben die (meist leeren) Unternehmenssprüche gehört, die besagen: „Willkommen im Team! Wir begrüßen Ihre neue und frische Perspektive!“ Was schnell totgeschwiegen wird, wenn wir eine Frage dazu haben, wie etwas gemacht wird oder eine Herausforderung, warum es auf eine bestimmte Weise gemacht wird. „Oh, Du bist neu, Du wirst lernen, dass es hier einfach so gemacht wird. Sei einfach still, höre zu und lerne.“

Bei Gini sehen wir das als einen großen Verlust an Verbesserungspotenzial.

Stattdessen erschufen wir eine explizite Gini-Rolle. Dies ist eine gemeinsame Rolle, welche jeder Gini besitzt.

Wenn Du zu uns kommst, machen wir deutlich, dass es zu Deinen Aufgaben gehört, bei der Einstellung von neuen Ginis zu helfen, indem Du an Vorstellungsgesprächen teilnimmst oder diese sogar leitest und dabei hilfst, das Anforderungsprofil zu schreiben. Es wird auch von Dir erwartet, dass Du finanzielle oder strategische Pläne in Frage stellst, wenn Du der Meinung bist, dass sie unserem Zweck oder unseren Prinzipien widersprechen.

Aber ist das nicht eine Selbstverständlichkeit? Warum wird das so explizit eingefordert? Wir glauben an Transparenz und praktizieren, dass wir unsere Erwartungen klar und deutlich machen. Und zwar, indem wir den Leuten eine explizite Aufforderung geben (mit einem schriftlichen Nachweis, dass dies von ihnen erwartet wird), ist es wahrscheinlicher, dass die Teammitglieder ihre Meinung sagen und handeln.

Das Mandat eines jeden Ginis ist:

»Die Gini-Werte in einer Weise zu leben, die es mir und der Organisation ermöglicht, zu wachsen und auf unsere gemeinsame Vision, Mission und unser BHAG (Big Hairy Audacious Goal) hinzuarbeiten. Um letztendlich unseren Zweck zu erreichen – die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, indem wir Raum für sinnvollere Aktivitäten schaffen.«

Die gemeinsamen Verantwortlichkeiten sind klar definiert (z. B. nach persönlichem und beruflichem Wachstum streben und mein Bildungsbudget nutzen), nicht um zu verwalten oder zu kontrollieren, sondern um den Teammitgliedern einen Rahmen zu bieten, in dem diese sich gegenseitig zur Verantwortung ziehen können. Das sorgt dafür, dass die Erwartungen übereinstimmen und öffnet, wenn es Konflikte gibt, die Tür für produktive Gespräche.

Es gibt auch klare Anforderungen an die Zusammenarbeit, um einen Rahmen für die Erwartungen zu schaffen (z. B. Ablehnung oder Annahme von Kalendereinladungen innerhalb von 24 Stunden, Teilnahme an Peer-Feedback-Sitzungen, Anwendung der “law of two feet”, also das Verlassen eines Meetings wenn Du es für Dich nicht als wertvoll erachtest, sofern es sich nicht um ein obligatorisches Meeting handelt). Wenn wir uns nicht nur über das Was, sondern auch über das Wie einig sind, schafft das Vertrauen und erleichtert es den Menschen, andere auf produktivere Weise herauszufordern.

Erwartungen sind keine Regeln

Bei der Gini-Rolle geht es nicht darum, Menschen auf Linie zu halten und Regeln zu befolgen. Wir glauben wirklich, dass Menschen ihre Talente und Fähigkeiten zu etwas Sinnvollem beisteuern möchten und echte Zufriedenheit und Glück darin finden, Teil einer gemeinsamen Mission zu sein. Wir sind Meister der Theorie Y (weshalb wir uns darauf konzentrieren, glückliche Menschen zu schaffen).

Allerdings kommen viele von uns aus Umgebungen, in denen wir darauf konditioniert wurden, Fehler zu vermeiden, aus Angst vor Bestrafung. Bei Gini bieten wir absichtlich eine Lernumgebung für geteilte Verantwortung und erkennen an, dass es Übung braucht.

Wir erinnern uns gegenseitig daran, wie geteilte Verantwortung bei Gini aussieht und warum wir uns entschieden haben, selbstorganisiert zu sein, indem wir schriftliche Artefakte und Events haben. Unsere schriftlichen Artefakte werden ständig überprüft, überarbeitet und reflektiert, genau wie unser Handbuch. Auf diese Weise halten wir sie lebendig und entwickeln uns weiter. Die Events, wie unsere Supergini-Stories, sind Momente, in denen wir alle Verhaltensweisen praktizieren, die unsere Kultur widerspiegeln und unterstützen.

Wir üben. Ununterbrochen.

Großartige Menschen entwickeln großartige Produkte

Das alles klingt nach einer Menge Zeit und Energie – und das ist es auch. Könnte man diese nicht besser für das Geschäft oder funktionale Aufgaben aufwenden? Wir denken nicht. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es viele Wege gibt, ein Unternehmen zu organisieren (wir haben die meisten ausprobiert), und bis jetzt hilft uns dieser Weg, unseren Zweck zu erfüllen und wunderbare Produkte auf eine menschenzentrierte Weise zu entwickeln. Für uns ist unsere Organisationskultur effektiv bei der Entwicklung großartiger Menschen – und diese entwickeln großartige Produkte.

Diese Kultur ist nicht für jedermann, also bekehren wir niemanden, dass sie es sein sollte. Sie ist für diejenigen, die bereit sind, ihre Energie und ihre Fähigkeiten in den Aufbau einer Kultur der gemeinsamen Verantwortung und innovativer Produkte einzubringen.

Als Individuen zu wachsen ist nicht nur ein Nebeneffekt, sondern ein Merkmal.

 

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Wenn dies nach einem Umfeld klingt, in dem Du erfolgreich sein möchtest, wirf einen Blick auf unsere offenen Stellen und nimm Kontakt mit uns auf. Wir suchen Menschen, die uns bei unserer Mission unterstützen.

Susanne Taylor

Coach & Facilitator focused on constant learning and development in self, teams, and organizations. Agile coach @Gini

Wir bei Gini möchten mit unseren Beiträgen, Artikeln, Leitfäden, Whitepaper und Pressemitteilungen alle Menschen erreichen. Deshalb betonen wir, dass sowohl weibliche, männliche als auch anderweitige Geschlechteridentitäten dabei ausdrücklich angesprochen werden. Sämtliche Personenbezeichnungen beziehen sich auf alle Geschlechter, auch dann, wenn in Inhalten das generische Maskulinum genutzt wird.